Mann hält zwei Finger an sein Ohr und hat mit geschlossenen Augen den Kopf gesenkt.

Tinnitus als Somatisierungsstörung

Praxis-Depesche 4/2024

Alexithymie könnte Leidensdruck durch Ohrgeräusch erhöhen

Alexithymie, also „Gefühlsblindheit“, könnte ein transdiagnostischer psychologischer Indikator für Somatisierungsphänomene sein, zu denen einige chronische Tinnitusformen gehören. Ein aktuelles Review hat die Evidenz zu Alexithymie und chronischem Tinnitus untersucht und betont die Bedeutung einer psychotherapeutischen Behandlung von Tinnitus-Patient:innen.
Praxisfazit
Psychotherapeutische Interventionen führen zu einer Verbesserung des Tinnitus-bedingten Leidensdrucks und stellen den Goldstandard in der Tinnitus-Therapie dar. Einige Studien deuten darauf hin, dass Alexithymie ein relevanter Faktor für chronischen Tinnitus und Tinnitus-bedingte Belastung sein könnte. Alexithymie sollte deshalb bei Tinnitus- Patient:innen im Behandlungsplan berücksichtigt und ggf. mit einer emotionsfokussierten Therapie behandelt werden.

Alexithymie wird in der Regel mit der „Toronto Alexithymia Scale“ (TAS-20) erfasst. Die TAS-20 ermöglicht die Berechnung eines Gesamtscores sowie dreier Subskalen-Scores, nämlich: Schwierigkeiten beim Erkennen von Gefühlen (DIF), Schwierigkeiten beim Beschreiben von Gefühlen (DDF) und extern orientiertes Denken (EOT). Jedes Item wird auf einer fünfstufigen Likert-Skala von 1 (= stimme überhaupt nicht zu) bis 5 (= stimme voll zu) bewertet.

Verstärktes Tinnitus-Leiden

Schweizer Forschende untersuchten bei 207 Proband:innen (Durchschnittsalter 46,7 Jahre, 73 Frauen) mit einem seit mindestens einem Monat bestehenden Tinnitus den Zusammenhang zwischen der Schwere des Tinnitus (Tinnitus Handicap Inventory, THI), Alexithymie (TAS-20) und Depressionen (Beck-Depressions-Inventar, BDI). Der durchschnittliche TAS-20-Score lag bei 44,0 Punkten.

Es bestanden signifikante positive Korrelationen zwischen dem THI-Gesamtscore und dem TAS-20-Gesamtscore sowie dem BDI-Score. Multiple Regressionsanalysen zeigten, dass die TAS-20-Subskala DIF und das BDI Prädiktoren für die Tinnitus-bedingte Belastung der Patient:innen waren. Die Autor:innen schlussfolgerten, dass ein moderater Zusammenhang zwischen Alexithymie und der Beeinträchtigung durch den Tinnitus besteht. Sie wiesen außerdem darauf hin, dass nicht nur Alexithymie, sondern auch andere psychische Störungen Tinnitus-bedingtes Leiden beeinflussen können.

Lesen Sie den ganzen Artikel

Fachgruppen-Login


Zugangsdaten vergessen?

Urheberrecht: Adobe Stock - Creative Cat Studio

Alle im Rahmen dieses Internet-Angebots veröffentlichten Artikel sind urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, auch Übersetzungen und Zweitveröffentlichungen, vorbehalten. Jegliche Vervielfältigung, Verlinkung oder Weiterverbreitung in jedem Medium als Ganzes oder in Teilen bedarf der schriftlichen Zustimmung des Verlags.

x